Private Credit: Mit Optimismus zurück in die Schule
Während Anleger aus dem Urlaub an ihre Schreibtische zurückkehren, bietet der Private-Credit-Markt, der sie bei ihrer Rückkehr begrüßt, mit die attraktivste Dynamik seit Jahren.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2023 profitiert Private Credit von höheren Leitzinsen, attraktiven Spreads und einem sich aufhellenden Umfeld für die Originierung.
Zu Beginn des Jahres führte die Abkühlung auf den Märkten für High-Yield-Anleihen und breit syndizierte Darlehen in Verbindung mit Schwankungen im Bankensektor zu einer Verknappung des Kapitals im traditionellen Mid-Market-Segment – eine paradoxe Situation, wenn man bedenkt, dass diese Assetklasse bei Anlegern zunehmend an Beliebtheit gewinnt. Das Ergebnis war, dass weniger Kapital um Transaktionen konkurrierte und Kreditnehmer mit höheren Kapitalkosten sowie einer robusteren Kreditdokumentation konfrontiert waren.
Für die Anleger war dies eine gute Sache durch höhere Renditen und einen besseren strukturellen Schutz. Darüber hinaus hatte es den positiven Nebeneffekt, dass Kreditnehmer davon abgehalten wurden, sich übermäßig zu verschulden, wie es im Niedrigzinsumfeld der Fall war. Das Resultat waren widerstandsfähigere Kapitalstrukturen mit geringerem Verschuldungsgrad.
Jetzt gegen Ende 2023 mit Leitzinsen von rund 5 % verzeichnen wir aktuell Gesamtrenditen von 10 % bis 12 % für etwa in der Mitte der Kapitalstruktur angesiedelte Transaktionen mit geringerem Verschuldungsgrad und erstrangigem Risiko.1 Im langfristigen Vergleich ist das angebotene Risiko-Rendite-Verhältnis heute äußerst attraktiv. Dieser Rückenwind schafft die Voraussetzungen für einen attraktiven Jahrgang von Direktkrediten im Zeitraum 2023 und 2024. Es überrascht uns nicht, dass die Nachfrage seitens der Anleger, die ihr Kapital in diesem Bereich einsetzen wollen, immer größer wird.
Dennoch herrscht auch Gegenwind.
Werden Manager in der Lage sein, das Kapital zu investieren?
Ein Gegenwind ist der Kapitaleinsatz – das Rückgrat von Private Debt. Nachdem sich der Markt für Fusionen und Übernahmen angesichts der Ungewissheit über die wirtschaftliche Lage und die Preisgestaltung abgekühlt hat, stehen Private-Debt-Kreditgebern weniger neue Transaktionen zur Auswahl.
Kreditgeber mit großen, etablierten Portfolios haben jedoch Möglichkeiten, Dealflow aus aktuellen Portfoliounternehmen zu generieren, da deren Private-Equity-Eigentümer nach wie vor Buy-and-Build-Strategien umsetzen. Bei Barings beispielsweise generiert unser bestehendes Portfolio in diesem Jahr beträchtlichen Dealflow: In Nordamerika stammen etwa 70 % unserer Transaktionsaktivitäten aus dem bestehenden Portfolio. Das ist nicht nur im Hinblick auf die Vorhersehbarkeit des Dealflows und die Möglichkeiten eines zuverlässigen Kapitaleinsatzes besonders bemerkenswert, sondern auch, weil damit keine Qualitätseinbußen einhergehen. Es handelt sich normalerweise um wertsteigernde Ergänzungsakquisitionen bei Unternehmen, die wir seit Jahren mit Investitionen unterstützen.
Das hat uns im schwächeren Fusionsumfeld des Jahres 2023 bisher gute Dienste geleistet, doch die allgemeine Marktdynamik könnte sich bald verstärken. Tatsächlich gibt es Anzeichen von Private-Equity-Sponsoren, Banken und anderen Akteuren, dass sich die Märkte allmählich entspannen und dass die Originierungspipeline zur Unterstützung von Private-Equity-Firmen in traditionellen LBO-Strukturen in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 und bis ins nächste Jahr hinein viel robuster aussehen dürfte. Mit anderen Worten: Wir sind der Ansicht, dass der Kapitaleinsatz einfacher sein wird.
Zahlungsausfälle
Ein weiterer Gegenwind ergibt sich aus dem höheren Ausfallrisiko. Die höheren Renditen von Private Debt gehen mit höheren Zinskosten für die Kreditnehmer und daher mit stärkerem Druck auf Margen und Rentabilität einher. Diese Entwicklung folgt auf ein oder zwei Jahre mit hoher Inflation und den Herausforderungen in der Lieferkette infolge der Corona-Pandemie.
Somit ist mit einem Anstieg der Zahlungsausfälle zu rechnen, die jedoch eher Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil und zyklische Branchen betreffen dürften. Manager und Anleger, die in den „guten Zeiten“ nach Corona aggressivere Portfolios aufgebaut haben, könnten einige der eingegangenen übermäßigen Risiken bedauern. Folglich rechnen wir mit einer Zweiteilung im Hinblick auf die Managerperformance, wobei die disziplinierteren, konservativeren Manager besser abschneiden werden.
Diese Zweiteilung könnte eine positive Entwicklung für die Anlageklasse sein, da sie die Bedeutung von Disziplin und Sorgfalt bei der Erzielung von stabilen, defensiven Erträgen, für die diese Anlageklasse bekannt ist, unterstreicht. Sie wird auch die Rolle bekräftigen, die Direktkredite in Portfolios spielen können, nämlich die einer widerstandsfähigen Anlageklasse, die eine attraktive, variabel verzinste Illiquiditätsprämie einbringt.
Alles in allem bleibt abzuwarten, was das makroökonomische Umfeld zu bieten hat. Doch in Anbetracht der derzeit erzielbaren Renditen, der verbesserten Strukturen, des geringeren Fremdkapitalanteils und des sich aufhellenden Originierungsumfelds kommen mehrere Faktoren zusammen, die nahelegen, dass die Private-Credit-Jahrgänge 2023 und 2024 zu den attraktivsten Transaktionen seit Jahren gehören könnten. Hinzu kommt, dass institutionelle Anleger die Anlageklasse unseres Erachtens noch immer strukturell untergewichtet haben und dass Private Credit noch auf Jahre hin starke strukturelle Unterstützung genießen dürfte.
Es ist nie schön, wenn der Urlaub vorbei ist und man in die Realität zurückkehren muss. Aber insgesamt können wir uns kaum ein attraktiveres Umfeld für die Rückkehr vorstellen als das, was wir aktuell bei Private Credit sehen.
1. Quelle: Beobachtungen von Barings. Stand: 9. August 2023.